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"Ach, so oft man's tut:/Wär's nicht schon oft getan, wär's nicht so gut!" Meinte jedenfalls der gute alte Bert Brecht, auch kein Kind von Traurigkeit. Wenn einem vom knallroten Cover einer CD das Wort Lust entgegenleuchtet, ist allerdings Vorsicht geboten. Literarische Hocherotik hat sich rar gemacht in Zeiten des "Schnackselns" (Gloria v. Thurn und Taxis). Angesichts der allgegenwärtigen Trash- und Krawallkultur scheint außer Karriere und den um Liebe reduzierten erotischen Bedürfnissen nichts mehr zu gelten.

 

"Nur wenn die seelische Verwundbarkeit in der Lust spürbar bleibt, wenn ein Quäntchen Schmerz und Melancholie dazu kommt, kann der Zauber wirken und eine Geschichte für mich erregend sein", meint dagegen Nina Petri. Für die Reihe Wahre Leidenschaft des Hamburger Labels Tonkombinat hat die Schauspielerin Texte von Noelle Chatelet, Chimo, Keto von Waberer, Zeruya Shalev und Hilke Rosenboom ausgewählt und gelesen. Gelesen? Das würde ihre Leistung nur unzulänglich beschreiben. Die Petri bringt Lust tatsächlich zum Vibrieren, wandelt sich unterschiedlichsten Stimmungen und Temperamenten an: Da ist Marthe, die "Klatschmohnfrau", die nach 50 Jahren ihre unterdrückte Erotik wieder entdeckt. Und da ist die 16-jährige Lila, die scheinbar unbefangen von körperlichen Erfahrungen plappert und dabei eine tiefe seelische Verletzung übertüncht. Wir blicken hinter die aufgeräumte Fassade bürgerlicher Wohlanständigkeit -- unter Hempels Sofa, wir wussten es, riecht es ein wenig streng -- und versinken im Strudel sexueller Obsessionen.

 

Dass Nina Petri überdies eine betörende Sängerin sein kann, stellt sie in dieser stimmungsvollen Produktion gleich mehrmals unter Beweis. Gitarre, Bass, Schlagzeug, Stimme -- Tom Waits hätte seine Freude. Vielleicht hört man diese CD überhaupt besser zu zweit. Und tut es? Wie heißt es doch so schön in "My funny Valentine": "Each day/is a Valentines day." --Niklas Feldtkamp

[Text: amazon.de]